Im
Juni 1998 fiel die Entscheidung, die Biathlon-WM 2004 nach Oberhof zu
vergeben – und Sven, sonst immer äußerst zurückhaltend, was das Äußern
von Zukunftsplänen angeht, meinte: "Für mich ist das neue
Motivation bis zur WM im eigenen Stadion aktiv zu bleiben."
Svens
Form war in diesem Sommer ausgezeichnet. Er konnte den Oberhofer
Mountainbike-Biathlon gewinnen und bei den Herbstleistungskontrollen
zwei erste und zwei zweite Plätze erringen. Der Saisonstart 1998/1999,
erstmals unter dem neuen Bundestrainer Frank Ullrich (der Norbert Baier
abgelöst hatte), war furios. Nach einem dritten Platz beim Weltcup in
Hochfilzen gelangen Sven in Osrblie drei Siege in drei Tagen: nach
Sprint und Verfolgung gewann er auch mit der Staffel. Die deutsche
Herrenstaffel konnte im Vorfeld der WM alle 4 Staffelwettbewerbe
gewinnen und avancierte so natürlich zum absoluten WM-Favoriten – ein
"Rucksack", auf den Frank Ullrich lieber verzichtet hätte.
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Wettkämpfe mußten wieder und wieder wegen der großen Kälte
verschoben werden, denn bei unter –20°C dürfen keine Rennen
ausgetragen werden. Die deutschen Biathleten nutzten die
"Wartezeit" zum Training im Skitunnel von Vuokatti, denn die
Temperaturen wollten trotz der verzweifelten und teils absurd anmutenden
Bemühungen der Veranstalter einfach nicht steigen. Schließlich konnten
nur je drei von fünf geplanten Wettkämpfen in Finnland stattfinden:
Sprint, Verfolgung und Staffel. Einzel und Massenstart wurden auf die
Weltcup-Veranstaltung am norwegischen Holmenkollen verschoben.
Vor
der WM hatte Frank Ullrich gesagt: "Wir haben mit Groß, Sendel,
Fischer und Luck vier Siegläufer. Einer muß einfach durchkommen. Wir
wollen drei unter die Top 15 bekommen...". Seine Hoffnungen wurden
mehr als nur erfüllt. Im Sprint wurde Frank Luck Weltmeister, Sven kam
auf den siebten Platz. Nach dem Verfolgungswettkampf standen drei
Deutsche auf dem Treppchen: es gab Gold für Ricco Groß, Silber für
Frank Luck und Bronze für Sven. Ausgerechnet mit der Staffel klappte es
diesmal nicht, sie wurden "nur" vierte.
Die anschließenden Weltcups in USA und Kanada liefen für Sven sehr
gut, dann kam der letzte Weltcup der Saison am Holmenkollen, in dessen
Rahmen die beiden noch fehlenden WM-Wettkämpfe ausgetragen wurden. Es
wurden wahre "Sven Fischer-Festspiele": drei erste Plätze in
vier Rennen. Und endlich Weltmeister! Sven holte sich sowohl im Einzel
als auch im Massenstart (der übrigens das erste Mal bei einer WM
ausgetragen wurde) den Weltmeistertitel. Zu diesem Zeitpunkt hatte er
bereits 13 Weltcup-Siege gesammelt, so viele wie bis dahin niemand
zuvor, aber nie einen Weltmeistertitel erringen können. Er war
erleichtert: " Mir ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen ...
Ich habe in all den Jahren immer versucht möglichst lange auf höchstem
Niveau zu rennen. Ich hatte in entscheidenden Situationen bisher viel
Pech, aber ich wußte genau, daß irgendwann auch mein Tag kommen muß."
Doch nicht nur Sven, sondern die
gesamte Mannschaft freute sich. Ricco Groß sagte: "In
Kontiolahti hat sich der Fisch über meine Goldmedaille gefreut. Heute
freue ich mich mit ihm. Schließlich sind wir ein Team." Neben den
beiden WM-Goldmedaillen gewann Sven auch den Sprint und als
Saisonresultat zum zweiten mal den Gesamt-Weltcup. Er
sagte: „Alle meine Hoffnungen haben sich übererfüllt“, aber auch:
"Wenn man so viele Jahre mitgerannt und auch hinterher gerannt ist,
kann man die Erfolge richtig einordnen."
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